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1635: dem Berg den Dämonen austreiben
Oktober 1635 : ein grosser Bergsturz ereignet sich am Berg «Novierroz» in der Region von Saint-Maurice (Wallis). Er verursacht zahlreiche Schäden. Eine dunkle Staubwolke zieht bis nach Vevey. Für die Bevölkerung gibt es keinen Zweifel: der Berg ist von Dämonen bewohnt. Mit der Zustimmung des Bischofs von Sitten begibt sich ein Dämonenaustreiber vor Ort, in die Nähe des Bachs Saint-Barthélémy und setzt dem Spuk ein Ende, kein einziger Dämon machte sich seitdem je bemerkbar.
Der nebenstehende Auszug aus der Chronik des apostolischen Notarius Gaspard Berody berichtet über diese Ereignisse.
Schutzheilige
Unter den verschiedenen Frömmigkeitspraktiken, die vor Gefahren und Unheil schützen sollen, nimmt die Anrufung der Schutzheiligen einen besonderen Platz ein.
Jede Region hat ihre eigenen Fürsprecher. Im Wallis ist der Heilige Theodul der Schutzheilige bei Unwettern. Durch das Läuten seiner Glocke soll Hagel abgewehrt werden. Der Heilige Nikolaus wird manchmal um Schutz vor Lawinen angerufen und der Heilige Guarinus, um Tierseuchen abzuwenden. Im Aosta-Tal bewahrt der Heilige Gratus Menschen und Kulturpflanzen vor Hagel. Die Heilige Agatha wehrt Erdbeben ab.
1574: Schutzbarrieren gegen Hochwasser
Sehr früh organisieren sich die Gemeinschaften, um mit den Naturgefahren umzugehen. Sie wenden sich hilfesuchend an die Religion, aber implementieren auch andere Schutzmassnahmen. Das Archivdokument aus dem Jahr 1574 belegt dies. Um sich vor dem Hochwasser der Losentze zu schützen, haben sich die Gemeinden von Chamoson, Riddes und Leytron die Kosten für den Bau von Schutzbarrieren geteilt.
Den richtigen Siedlungsort wählen
Zu allen Zeiten befolgte die Wahl eines Siedlungsortes Erfahrungsregeln, die dazu bestimmt waren, die Risiken zu begrenzen. In den Bergen mied man Geländemulden und Vertiefungen. Die Siedlungen befinden sich vorzugsweise auf Kämmen oder felsigen Erhebungen abseits der Lawinengefahr. Der Weiler Pinsec im Eifischtal (VS) ist ein typisches Beispiel für die Anwendung dieser Schutzmassnahme.Die Verdichtung des Siedlungsbau ermöglicht es ebenfalls, die Gefahren zu begrenzen. Das Gruppieren von Wohnhäusern hat ausserdem den Vorteil, dass man sich bei Unfällen oder Bränden gegenseitig Hilfe leisten ka
1720: Lawinenschutzmauern
Die Bedrohung durch die Lawinen führte sehr früh dazu, dass Schutzbautechniken entwickelt wurden. In Leukerbad wurden in den Jahren 1720-1721 zwei Lawinenschutzmauern zum Umleiten der Lawinen gebaut. Auf dem Stich hier kann man sie erkennen. Sie zählen zu den ersten Belegen dieses Bautyps.
Im Gommertal sind die «Gräfte» – an den Abbruchstellen platzierte Erdaufschüttungen – seit dem 18. Jahrhundert bekannt.
Der Wald: ein natürliches Schutzinstrument
Die Schutzfunktion der Wälder gegen Steinschlag, Erdrutsche oder Lawinen ist seit vielen Jahrhunderten bekannt. Diese Rolle ist jedoch sehr früh durch die Nutzung dieser Ressource durch den Menschen bedroht. Im Jahr 1397 ist der Wald oberhalb von Andermatt bis auf eine kleine Fläche abgeholzt. Die daraufhin auferlegte Waldbannung untersagt dort jegliche Nutzung.
Dieses Beispiel verdeutlicht, dass zwischen den menschlichen Aktivitäten und der Zunahme bestimmter Naturgefahren Zusammenhänge bestehen, aber auch, dass man bereits früh die Notwendigkeit eines nachhaltigen Ressourcenmanagements erka
Die Bergrettung: eine jahrhundertealte Tradition
Das im 11. Jahrhundert von Bernard de Menthon in 2500 m Höhe gegründete Hospiz des Grossen St. Bernhard belegt die Tradition der Gastfreundschaft und der Rettung im Hinblick auf die Gefahren der Alpenüberquerungen. Mit der Unterstützung von Bergführern leisteten die Augustiner-Chorherren vom Weg abgekommenen Personen und Lawinenopfern erste Hilfe. Seit dem 17. Jahrhundert werden sie von robusten Hunden begleitet, die ihnen helfen, den Weg zum Hospiz zurück zu finden. Barry (1800-1814), der berühmteste dieser Hunde, verkörpert in bildhafter Weise die Bergrettung.
Die Votivgabe: Opfergabe, Erinnerungsträger und Übermittlungsmedium
Dankopfergaben für eine erhaltene Gnade illustrieren buchstäblich die Wirkung des Gebets. Im Innern der Kultstätten für jedermann sichtbar ausgestellt, erinnern sie an vergangene Katastrophen. Die Opfergaben sind Mittel des Gedenkens und tragen bei zur Erziehung und zur Übermittlung einer durch Naturgefahren dominierten Kultur.
Die Votivgabe, die man im Hintergrund des Dorfes Kippel erkennt, erinnert an zwei Lawinenabgänge, die zwar zu verschiedenen Zeiten erfolgten, aber als gleichzeitig dargestellt sind.

Gott, der grosse Baumeister

Die Interpretation der Naturphänomene und die Massnahmen, welche die Menschen ergreifen, um sich zu schützen, variieren je nach Zeit und Ort. Aus Sicht der traditionellen alpinen Gesellschaften waren die Natur – wie auch die Menschen – dem Willen Gottes unterstellt. Katastrophen wurden als göttliche Mahnung oder Strafe interpretiert. Sich das Wohlwollen des Allmächtigen zu sichern, um ein Desaster zu verhindern, war natürlich wichtig, schloss aber nicht aus, andere Massnahmen zu ergreifen (Bebauung, Schutzbauten), um sich vor der Gefahr zu schützen.

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